jam"s Gästebuch, trag Dich ein!

Samstag, 19. Mai 2007

Brauche ich wirklich so viel Schmerz?

Damit ich nicht verpasse, meine Schmerz-Pflaster zu wechseln, schreibe ich auf einem Stück Papier auf, wann ich das letzte Mal erneuert habe, bzw. wann der nächste Wechsel ansteht. Heute stand ich mindestens drei Mal vor dieser Liste um mich zu vergewissern, dass ich wirklich erst morgen wechseln darf...Image Hosted by ImageShack.us. Ich vermeide ja momentan jede überflüssige Bewegung, denn jedes Mal, wenn ich aufstehe, kann ich nicht fassen, dass es immer noch so weh tut, obwohl ich doch erst die Dosis erhöht habe Image Hosted by ImageShack.us.
Ich versuche nicht, schmerzfrei zu werden sondern vielmehr, die Schmerzen auf ein einigermassen aushaltbares Niveau zu bringen. So wenig Schmerzmittel wie möglich aber so viel wie nötig. Das heisst, es bleibt nicht viel Spielraum, wenn es mal an einem Tag schlimmer ist, ist es dann wirklich schnell nicht auszuhalten. So wie heute. Ich wundere mich jeden Tag aufs Neue, wieso das Ganze denn überhaupt so extrem schmerzhaft sein muss... Ich weiss, dass ich die Krankheit habe, um etwas zu lernen, Image Hosted by ImageShack.us aber geht denn das nicht auch mit weniger Schmerzen? Brauche ich wirklich so heftige Schmerzen... ich kann mir schlicht nicht vorstellen, was es für einen höheren Grund für diese tägliche Plagerei über Jahre gibt. Bin ich denn nur hier um zu leiden, um auszuhalten? Ich glaube nicht, dass es eine Art Bestrafung ist, aber was soll denn das Ganze? Welcher Grund steckt dahinter? Wenn ich etwas daraus lernen soll, muss ich doch erst den Grund für mein Leiden erkennen. Aber was kann ich denn tun, wenn ich diesen Grund nicht herausfinde? Image Hosted by ImageShack.us Ich habe bereits viele Gründe für das Dasein meiner Krankheit gefunden... offenbar aber nicht genug. Irgendwann reicht es doch auch, dann ist doch genug... es bringt ja nichts... wie kann ich an etwas arbeiten, von dem ich nicht weiss, was es ist? Und wer kann mir meine Fragen beantworten Image Hosted by ImageShack.us ?
Es fällt mir momentan unheimlich schwer, die Krankheit und somit mein Schicksal anzunehmen. Ich sollte vermehrt wieder meditieren, seelischen und geistigen Ballast abwerfen, Platz schaffen für schöne Sachen in meinem Leben, für Neues. Reinigungs-Rituale machen, mich besser erden und mal wieder ein ernstes Wörchen mit meinem Schutzengel reden Image Hosted by ImageShack.us. Warum nur, fällt all das genau dann so schwer, wenn man es am nötigsten hat?

5 Kommentare:

Bernd hat gesagt…

Hallo Jam,

> wie kann ich an etwas arbeiten,
> von dem ich nicht weiss, was es
> ist?

nein, daran kann man nicht arbeiten. Aber ich denke Du tust schon eine ganze Menge, wenn ich mich hier bei Dir so durchlese.

> Und wer kann mir meine Fragen
> beantworten

das kann ich auch nicht. Ganz im Gegenteil ... ich frage mich immer mit, seitdem ich dein Blog kenne.

> Warum nur, fällt all das genau
> dann so schwer, wenn man es am
> nötigsten hat?

Wenigstens darauf habe ich eine Antwort. Keine Ahnung, ob sie Dir hilft, aber ich schreibe sie trotzdem mal hier hin.

Wenn es mir gut geht, dann fällt es mir schwer mich in Meditation und anderen Übungen die mir eigentlich gut tun zu üben. Mir fehlt die Motivation, aber wenn ich es schaffe, dann gelingen meine Meditationen und Übungen gut.

Geht es mir schlecht, dann habe ich die Motivation zu Üben, aber die Übungen wollen nicht recht gelingen. Meine Meditation bleibt flach, die Erinnerungen an die guten Dinge wollen mich nicht so recht freuen.


Jedesmal, wenn ich ganz unten bin, versuche ich daraus zu lernen um beim nächsten Mal nicht wieder so tief unten zu landen.

Ich wünsche Dir eine immer kürzere "Lehrzeit" und helfe Dir, mit deinem Schutzengel zu reden. Einen stelle ich Dir auch ins Netz.

Bernd

jam hat gesagt…

Hallo Bernd

Vielen lieben Dank für den Engel... ich hoffe, er hilft mir, einen Weg zu finden auch mit körperlichem Schmerz umzugehen und daraus zu lernen.
...und auch vielen Dank, dass Du Dich als Einziger (bis jetzt) an meine Fragen herangetraut hast! Respekt!

Herzliche Grüsse
jam

Bernd hat gesagt…

Hallo Jam,

ich antworte mal hier, da ich nicht weiß, wie Du mein Blog verfolgst.

Körperliche Qualen bleiben nicht beim Körper, sondern sind auch immer Qualen der Seele. Darum hilft jede Linderung, die der Seele und die des Körpers.

Ich weiß, man kann Schmerzen nicht ignorieren. Man wacht mit und wegen ihnen auf, isst mit ihnen, liest mit ihnen, weint mit ihnen, ganz selten, aber auch das gibt es, lacht man mit ihnen. Sie sind immer da, egal, was man tut. Ich habe ca. zwei Jahre Verwachsungsbauch-Schmerzen hinter mir und darum eine leise Ahnung, wie es Dir gehen könnte. Man kann Schmerzen nicht gegeneinander abwägen und es gibt sicher auch keine Lösung die für mich und Dich gleich gilt ... außer vielleicht die Hoffnung, dass es ein 'Nach' dem Schmerz gibt.

Bei mir war es Atementspannung, die die erste nichtmedikamentöse Linderung gebracht hat. Jetzt bin ich schon seit ein paar Jahren fast schmerzfrei und benötige keine Medikamente mehr.

Ich weiß, dass Dir das nicht viel weiter helfen wird, weil das mein Weg war. Aber ich bin sicher, es gibt auch für dich einen Weg.

Ganz herzliche Grüße

Bernd

jam hat gesagt…

Hallo Bernd
Vielen Dank für Deine Sicht der Dinge und dafür, dass Du uns an Deinem Weg teilhaben lässt.
Ja, jeder muss seinen eigenen Weg finden, trotzdem können wir einander dabei unterstützen, Ratschläge geben oder auch nur einander Alles Gute wünschen.
Ich hatte nun in meiner Crohn-Karriere schon einige Abschnitte mit heftigsten Schmerzen, die auch über Jahre angedauert haben. Hohe Dosen Morphium und einige ziemlich üble Entziehungs-Kuren habe ich bereits hinter mir. Aus jedem einzelnen Schmerz-Abschnitt habe ich dazu lernen dürfen, und jeder war anders. Jetzt stecke ich seit über 3 Jahren wieder in so einem Abschnitt, der gezeichnet ist von Schmerz und Leiden, ich nehme auch wieder Morphium, habe also wieder irgendwann einen Entzug vor mir. Und auch dieser Abschnitt ist wieder anders und was vorher funktioniert hat, greift plötzlich nicht mehr. Ich bin mit meinem Latein ziemlich am Ende, da das Ganze extrem kräfteraubend ist (weisst Du sicher aus eigenen Erfahrungen...). Aber Du hast Recht, es gibt immer ein "Nach dem Schmerz"... bloss, wann wird das sein und werde ich durchhalten bis dann?
Ich freue mich auf die Zeit, wenn ich wieder zurückschauen kann und mit einem kleinen Anflug von Stolz sagen kann: "Wow, Du hast es schon wieder geschafft!! Und Du bist wieder ein Stückchen gewachsen und durftest dazulernen."
Nur, von dort, wo ich mich jetzt gerade befinde, kann ich diesen Weg noch nicht erkennen und das macht es mir so schwer... aber vielleicht sehe ich ja mehr hinter der nächsten Kurve?

Ich gehe weiter...
lg, jam

Bernd hat gesagt…

Eben jam ... hinter der nächsten Kurve. Darum eine Geschichte aus meinem Leben ;-)

Vor vielen Jahren bin ich mal mit dem Fahrrad in der Soester Börde unterweg gewesen. Eine eigentlich flache Landschaft in Nordrhein-Westfalen. Flach meint man eigentlich. Denn in wirklichkeit ist die Landschaft flach wellig mit recht lang gezogenen Hügeln.

Es war Gegenwind und es nieselte. In der Ferne tauchte der Kirchturm des Ortes auf, wo ich hin mußte. In der nächsten Bodenwelle war der Kirchturm verschwunden. Und wenn ich mich die nächste Anhöhe hochgekämpft hatte, war der Kirchturm nicht näher gekommen. So glaubte ich es jedenfalls. Und so ging es wieder naß und kalt in die nächste Senke.

Gefühlte Ewigkeiten kam der Kirchturm nicht näher und ich war völlig gefrustet, müde, kalt und wollte nicht weiter.

Aber irgendwann platze der Knoten. Der Kirchturm hatte sich immer noch nicht wirklich bewegt, aber die Straße war zuende und ich stand auf dem Marktplatz vor der Kirche. Konnte rasten und mich bei einer heißen Schokolade aufwärmen.

Manchmal nähert man sich eben eine Ende, auch wenn man es gar nicht wahrhaben will oder kann.

Viele Grüße

Bernd

Über mich

Seit 1990 lebe ich mit der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn. Monatelange Aufenthalte in verschiedenen Spitälern im In- und Ausland, viele Operationen, eigentlich jede mit Komplikationen, wurden Teil meines Alltages. 1998 dann die Anlage eines Ileostomas, das mir wenigstens im Darm zu mehr Ruhe verhalf. Januar 2003 die letzte grosse OP, unter anderem Rektumamputation und seither offene Wundhöhle mit allen dazugehörenden Folgen wie Infektionen, Hoffnungen und Schmerzen... Jeden Tag versuche ich aufs Neue mein Leben trotz allen Einschränkungen möglichst normal weiter zu führen. Oft ist es schwierig, alle dem etwas Positives abzugewinnen... aber ich gebe nicht auf, denn wer weiss schon, was das Leben für mich noch Schönes bereit hält?! Das will ich auf keinen Fall verpassen!